Erübrigte sich wohl jede weitere Blog-Mäkelei an der Medienberichterstattung über das Plagiatsüberprüfungsverfahren gegen Annette Schavan dadurch, dass nun die Heinrich-Heine-Universität „die häufigsten Fragen zum aktuellen Verfahren zusammengestellt und beantwortet“ hat? Man darf gespannt sein. Manche Journalisten werden die Erläuterungen zu den weit verbreiteten, häufig interessierten Falschdarstellungen wohl staunend zur Kenntnis nehmen.
- Julius Kohl/Dieter Joswig: Die Heinrich-Heine-Universität informiert. Hintergrundinformationen zum Verfahren zur Überprüfung der Promotion von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Annette Schavan. In: uni-duesseldorf.de, 12. Februar 2013.
„Frau Prof. Dr. Schavan hat das gleiche Verfahren erhalten, wie es jeder andere Promovierte in einer vergleichbaren Situation erhalten hat und auch künftig erhalten würde. Die Fakultät musste das Verfahren führen, sie ist dazu verpflichtet. Fakultät und Universität haben mit großer Sorgfalt und unter begleitender rechtlicher Beratung darauf geachtet, dass die Rechte von Frau Schavan gewahrt blieben. Deswegen wurde das Verfahren wie jedes andere seiner Art nichtöffentlich geführt.“
16 Fragen und Antworten präsentiert die Pressestelle der Universität Düsseldorf. Teilweise nimmt sie dabei die Diktion auf, in der ihr von Leuten, die es nicht besser wissen, und von Leuten, die es besser wissen müssten, Vorhaltungen gemacht wurden, etwa wenn die Frage lautet, warum „Schavan ein Strick gedreht“ worden sei aus ihrem über 30 Jahre alten Plagiarismus.
Die Unverschämtheit der in den Fragen aufscheinenden Unterstellungen illustriert etwa: „Gab es an der HHU eine parteipolitisch motivierte Kampagne gegen Frau Prof. Dr. Schavan?“ Dies ist ein zentraler Punkt der Veröffentlichung, denn die Universität setzt sich mit dieser Veröffentlichung „gegen solche haltlosen Anschuldigungen“ zur Wehr und betont, „unsachliche Anwürfe und Interventionsversuche“ stets zurückgewiesen zu haben. Insgesamt erläutert die Universität, wie sie auf Grundlage des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG NRW) und der Promotionsordnung vorgehen musste, und welche anderslautenden Ansprüche sie daher ablehnen musste.
Besonders brisant wird es gegen Ende, wenn die Universität Stellung nimmt zu den „Empfehlungen verschiedener Wissenschaftsorganisationen“, die in der Öffentlichkeit abstruse Forderungen formuliert hatten:
„Es haben sich vor allem solche Stimmen zu Wort gemeldet, die finanziell vom Bundes-Wissenschaftsministerium abhängig sind, sie dürfen durchaus als befangen angesehen werden.“
Deutliche Worte, muss man sagen. Klaus Graf, der sowas am schnellsten bloggt, kommentierte diese Passage so: „Hört, hört! Alles lassen sich auch die Düsseldorfer nicht gefallen.“[1]
Das häufig formulierte Verlangen, „sich an die Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zu halten“, erübrige sich durch die zwingend zu befolgenden „rechtlichen Vorschriften von Promotionsordnung und Verwaltungsverfahrensgesetz NRW.“ Die Universität Düsseldorf besteht damit darauf, als Behörde nach Recht und Gesetz zu agieren. Ihre Kritiker erweist sie dadurch als an bestimmten Ergebnissen interessierte Kreise, die es mit dem Rechtsstaat nicht so genau nehmen. Leider muss man feststellen, dass es sich dabei um große Teile der mächtigsten politisch-wissenschaftlichen Eliten handelt.
Auch die inhaltliche Inkonsistenz vieler Kritiken lässt die Heine-Universität nicht unkommentiert:
„Im Übrigen werden manche unbegründeten Forderungen auf die DFG-Empfehlungen gestützt, obwohl diese darin gar keine Stütze finden, etwa die immer wiederkehrende Forderung nach externen Gutachten, nach erziehungswissenschaftlicher Expertise oder die strikte personelle Trennung von Prüfungs- und Entscheidungskompetenz.“
Aber wenn man Regeln anführen kann, um die Bundesbildungsmäzenin zu retten, wer würde da denn danach fragen, ob diese Regeln überhaupt existieren?
————————————————————
Reblogged this on Causa Schavan und kommentierte:
Offizielle Klarstellung der Universität in wünschenswerter Deutlichkeit. Endlich mal! Leider wird man auf eine vollständige Offenlegung aller Vorgänge wohl noch sehr lange warten müssen. Hoffentlich passiert das überhaupt irgendwann …
Die Stellungnahme kommt leider ein paar Tage zu spät. Die hätte zeitgleich mit dem Entzug online gehen müssen.
Denke ich auch. Das Thema Schavan ist in der Öffentlichkeit erledigt. Schavan ist Vergangenheit.
Mein Respekt vor der Düsseldorfer Universität steigt immer mehr. Sie leistet unter schwierigen Bedingungen massivster Einflussnahme durch Politik und Presse tolle Arbeit. Wenn ich noch einmal studieren wollte, ich wüsste, wohin ich gehen würde. Dieser Dekan und sein Stab gereichen dem glanzvollen Namen Heinrich Heines zur Ehre. Ich ziehe meinen Stetson.
Fast habe ich die Befürchtung, manche Journalisten werden die Erläuterungen schlicht gar nicht zur Kenntnis nehmen. Tatsachen haben sie doch bislang auch nicht ins Grübeln gebracht.
Pingback: Aufgelesen … Nr. 38 – 2013 | Post von Horn
Nach dem Artikel über die beiden studentischen Mitglieder im Fakultätsrat frage ich mich, was aus diesem ständig von manchen vorgetragenem: “Es ist ein Grenzfall“, wurde. In Düsseldorf wurde es offensichtlich nicht als Grenzfall angesehen, die Mitteilung zur Aberkennung war ja auch recht deutlich.
Pingback: Düsseldorfer Rektor Piper antwortet Biedenkopf und Winnacker | Erbloggtes
Pingback: Transparenz unerwünscht. Schavans heimliches Eingeständnis | Erbloggtes