Über rechtspopulistischen Stil

Erzielte solche Politik Wahlerfolge, lässt sie sich dennoch nicht so einfach verpflanzen, wie die deutschen Trumpplagiatoren feststellen müssen.

In den USA ist – mit zumeist schreckgeweiteten Augen – zu besichtigen, dass es für einen gewissen rechtspopulistischen Politikstil nicht auf Ergebnisse und Problemlösungen ankommt, sondern allein darauf, die Wutschreie ihrer Gegner aufzupeitschen (muslim ban, children in cages) oder rein symbolische Projekte mit maximaler Nutzlosigkeit zu inszenieren, gerade weil sie jeden common sense verhöhnen (border wall, space force). Dies soll die Macht der Akteure propagieren, indem die Machtlosigkeit ihrer Gegner vorgeführt wird, die selbst kriminelle oder wahnwitzige Politiken nicht verhindern können. Dadurch sollen politikferne Nichtwähler gewonnen werden, da die üblichen politiknahen Wähler ohnehin auf ein Lager festgelegt scheinen. Ein Zweiparteiensystem wie in den USA befördert diese Strategie, da jahrzehntelange Republikanerwähler kaum ihr Stimmverhalten ändern werden, egal was sie von Stil, Persönlichkeit oder einzelnen Entscheidungen „ihrer“ Kandidaten halten mögen.

Offenbar hat der so erzielte Gewinn an Stimmen des rechten lunatic fringe ausgereicht, um Trump als Kandidaten parteiintern durchzusetzen und in der Präsidentschaftswahl Erfolg zu bescheren – obwohl er etablierte, gemäßigte Republikaner reihenweise vor den Kopf und abgestoßen hat. Die Hoffnung, dass gemäßigte Republikaner dieses Regierungshandeln nicht mehr mit ansehen können und deshalb den Midterm-Wahlen 2018 fern bleiben, stirbt zuletzt, am 6. November 2018.

Zuvor jedoch, am 14. Oktober 2018, stirbt die absolute Mehrheit der CSU bei der bayerischen Landtagswahl. Das sind für Markus Söder offenbar so beschämende oder bedrohliche Aussichten, dass er es mit demselben rechtspopulistischen Politikstil versucht, den die US-Regierung einem ungläubigen Publikum vorführt. Die Überlegung, den rechten lunatic fringe in Bayern durch kriminellen Wahnwitz zurück zu gewinnen, weil es im Freistaat für die meisten gemäßigten Wähler ohnehin keine Alternative zur CSU gibt, hat ja erst einmal einiges für sich. Je verrückter, desto besser, lautet daher offenbar die Devise. Aber dabei muss man in der Bayerischen Staatskanzlei übersehen haben, dass sich der rechte lunatic fringe bei der Alternative zur CSU sammelt, seit man dort vom Mauerbau und von aKZs faselt, seit man böse Geister mit dem Aushängen von Kreuzen bekämpft und ansonsten versucht, Anti-Establishment-Propaganda gegen die Regierung da oben in Berlin zu machen. Der Verdacht liegt nahe, dass das Verhältniswahlrecht in Bayern andere Effekte zeitigt als das Mehrheitswahlsystem in den USA.

Ein Effekt scheint in Bayern zu sein, dass alle anderen Parteien mit Hoffnung auf einen Einzug in den Landtag bestrebt sind, sich selbst als Juniorpartner einer künftigen Koalition unter Führung der CSU in Stellung zu bringen. Dabei dürfte es für jede nicht-rechtspopulistische Partei recht anstrengend werden, sich dann permanent von einem Koalitionspartner distanzieren zu müssen, der einen solchen Kurs weiter fährt.

Einige interessante, hier aber nicht zu erörternde Fragen bleiben, wie es um linkspopulistische Politik heute bestellt ist, ob sie nach denselben Methoden funktionieren könnte, wer sie macht und dabei gegen wen wettert. Die Linkspartei steht in Bayern übrigens um 3 Prozent.

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Eine Antwort zu “Über rechtspopulistischen Stil

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