Doktorentzug wegen Unwürdigkeit rechtmäßig

Ermitteltes wissenschaftliches Fehlverhalten von einigem Gewicht bietet auch dann Grund genug für einen Entzug des Doktortitels, wenn die Dissertation unbeanstandet bleibt und stattdessen die spätere wissenschaftliche Tätigkeit von Manipulation und Fälschung überschattet ist. Das entschied am 31. Juli 2013 das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu einem Fall, der seit 2004 offen war:

Damals hatte die Universität Konstanz dem Physiker Sch. den Doktor entzogen, weil er in den Jahren 1998-2002 in den USA im Bereich Supraleitung und Nanotechnologie gearbeitet und in daraus erwachsenen Publikationen „mehrfach Daten manipuliert und falsch dargestellt“ hatte. Im Anschluss beschäftigte der Fall über Jahre mehrere Kommissionen, bis die Universität 2009 den Widerspruch des Physikers gegen den Entzug zurückwies. In der ersten Instanz gab das Verwaltungsgericht Freiburg 2010 dem gegen den Universitätsbeschluss klagenden Physiker Recht.

Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hatte 2011 zugunsten der Universität geurteilt, dass der Forscher „den mit der Verleihung begründeten Vertrauensvorschuss im Hinblick auf ein wissenschaftskonformes Arbeiten durch gravierende Verstöße gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis enttäuscht hat, so dass zum Schutz des wissenschaftlichen Prozesses vor Irreführung eine Korrektur in Form der Entziehung vorgenommen werden muss.“

Brisant ist das Urteil, weil die Möglichkeit zum Doktorentzug wegen Unwürdigkeit in der Zeit des Nationalsozialismus häufig benutzt wurde, um jüdischen, politisch missliebigen oder homosexuellen Wissenschaftlern den Doktorgrad zu entziehen. Die Rehabilitierung derart um die Anerkennung ihrer Promotionsleistung gebrachter NS-Verfolgter ist bis heute nicht abgeschlossen. Solcherart Doktorentzüge wären heute allerdings nicht mehr möglich, da die Unwürdigkeitsregelung „nur vorsätzliche oder grob fahrlässige Verstöße gegen wissenschaftliche Kernpflichten erfasst, zu denen insbesondere das Verbot einer Erfindung, Fälschung oder Manipulation von Forschungsergebnissen gehört.“

Der Fall zeigt auch, wie langwierig Doktorentzugsverfahren vor Gericht – und davor – sein können: Promotion 1997, Entzug 2004, Widerspruchsverfahren bis 2009, seitdem gerichtlich ausgetragen in den Instanzen:

  1. VG Freiburg 1 K 2248/09 – Urteil vom 22. September 2010
  2. VGH Mannheim 9 S 2667/10 – Urteil vom 14. September 2011
  3. BVerwG 6 C 9.12 – Urteil vom 31. Juli 2013

Alle Zitate aus der Pressemitteilung des BVerwG vom 31. Juli 2013.

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3 Antworten zu “Doktorentzug wegen Unwürdigkeit rechtmäßig

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