Causa Schavan: Bericht des Dekans der Philosophischen Fakultät der HHU an den Senat

Erschütterte schon die eine oder andere Neuigkeit aus den ersten Teilen der Artikelserie #schavangate, die seit dem 15. Juli auf Causa Schavan erschien, die Leser, so entfaltet sich nun das eigentliche Entsetzen, nicht etwa wenn man alle Schavangate-Berichte im Zusammenhang liest, sondern vollständig erst bei der Lektüre des Dokuments aus der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, überschrieben „Bericht des Dekans der Philosophischen Fakultät der HHU an den Senat“, das Causa Schavan zum Download bereitstellt. Etwas besseres als die eigene Lektüre lässt sich da nicht empfehlen, zumal die Ausführungen des Dekans Bruno Bleckmann fast durchweg in einem sehr lesbaren Stil gehalten sind. Daher hier nur ein grundlegendes Beispiel, in dem der Dekan kurz erläutert, was ein Plagiat ist. Zunächst zitiert er eine Resolution des Allgemeinen Fakultätentags von 2012:

„Das Plagiat, also die wörtliche und gedankliche Übernahme fremden geistigen Eigentums ohne entsprechende Kenntlichmachung, stellt einen Verstoß gegen die Regeln korrekten wissenschaftlichen Arbeitens dar. (…) Plagiate und Datenmanipulationen sind im Regelfall prüfungsrelevante Täuschungsversuche.“

Daraufhin erklärt Bleckmann, wie man – in Düsseldorf, muss man an die Adresse einiger anderer Einrichtungen ergänzen – üblicherweise ein Plagiat identifiziert:

„Der Nachweis gedanklicher Übernahmen mag dabei noch einigermaßen Subtilitäten erfordern. Die unmittelbare Übernahme von Textpassagen ist dagegen, wenngleich ihre Aufdeckung im Fall verschleiernder Manipulation erheblichen Aufwand bedeuten kann, ein letztlich recht einfach erfassbares Phänomen. Um ein solches Textplagiat zu erkennen, müssen zwei simple Regeln miteinander kombiniert werden, nämlich auf der einen Seite der Satz von der Identität (A gleich A), auf der anderen Seite die Regeln der deutschen Anführungszeichen. Dass die Feststellung von Textplagiaten auf diese Weise einen relativ formalistischen Charakter gewinnt, liegt nicht an der Geistlosigkeit des Untersuchenden, sondern daran, dass es sich hier um in ihrer Kleinteiligkeit nachzuvollziehende und im Übrigen aus dem Alltagsleben des Prüfers völlig bekannte Erscheinungen handelt.“

Vorgeführt wird dies anhand der Seiten 34-39 aus dem Rohrbacher-Gutachten (von Bleckmann „Bericht Rohrbacher“ genannt), wodurch hier erstmals Form und Vorgehensweise der Düsseldorfer Plagiatsuntersuchung in mehr als einem Schnipsel bekannt und nachvollziehbar werden.

„Die hier vollständig abgebildete S. 83 der Dissertationsschrift beschließt das Kapitel 3.1 über ‚Freud und das Gewissen‘ (S. 73-83). Als Zitat aus Häfner ist lediglich eine Passage ausgewiesen. Tatsächlich ist der Text jedoch über mehrere Abschnitte hinweg fast vollständig aus Textbausteinen zusammengefügt, die identisch oder geringfügig abgewandelt aus Häfner übernommen wurden. Der auf S. 83 gebotene Zitatnachweis aus Häfner stellt übrigens den einzigen Verweis auf Arbeiten Dritter im gesamten Kapitel 3.1 dar; ansonsten wird auf den S. 73-83 ausschließlich auf Werke Freuds verwiesen. Somit wird durchgehend die unmittelbare, eigenständige Rezeption Freuds signalisiert.“ (Rohrbacher-Gutachten, S. 38f.)

Schavan kompilierte dieses für eine Arbeit über Gewissenstheorien nicht unwesentliche Kapitel also aus Werken von Stadter, Nuttin, Bally, Laplanche/Pontalis und Häfner. Nur ganz am Ende des Kapitels erwähnte sie einmal Häfner. Schavanplag hat die Seiten 73-83 so visualisiert:

plagiatsvisualisierung

Plagiatsvisualisierung von schavanplag, hier S. 73-83 von Schavans Dissertation

Man sieht auf der letzten Seite die gelbe Markierung als „Bauernopfer“, da die Quelle Häfner dort einmal angegeben ist. Die roten Markierungen bedeuten „Verschleierung“, bei der als Quellen regelmäßig Freud angegeben ist (bei Rohrbacher blau markiert), der Wortlaut der eigentlichen Quellen hingegen wesentlich übernommen (bei Rohrbacher gelb) und leicht abgewandelt wird (bei Rohrbacher grau). Unter der kognitiven Dissonanz von Leuten, die das Rohrbacher-Gutachten vorgelegt bekommen haben und trotzdem behaupten, das sei okay oder so üblich oder irrelevant oder ähnliches, sollte niemand leiden müssen. Insbesondere nicht gesellschaftliche Gruppen, die sich selbst als intellektuelle Eliten ansehen, etwa Wissenschaftsmanager, Wissenschaftler, Journalisten oder Politiker. Die Presseberichterstattung zum Thema beschränkt sich bisher auf:

In ihrer englischen Zusammenfassung der Affäre und des Abschlussberichts endet Debora Weber-Wulff mit der Feststellung: „The University of Düsseldorf stood up for academic freedom, a valuable and rare commodity in these times.“ Ihre eigene Beteiligung an der auf S. 20 des Abschlussberichts erwähnten Veranstaltung „Wissenschaft in der Verantwortung“ im Juli 2013 sowie an der für den 26. November 2014 angekündigten Nachfolgeveranstaltung erwähnt sie dabei leider nicht:

Updates: Weitere Medienberichte

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4 Antworten zu “Causa Schavan: Bericht des Dekans der Philosophischen Fakultät der HHU an den Senat

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