Medien-Krieg. Berichterstattung nach dem 11. September 2001

Ereignete sich vor genau 10 Jahren die Anschlagsserie in den USA, die die allgemeine Datumsbezeichnung – Nine-Eleven – zum individuellen Namen eines einzelnen Tages – des 11. September 2001 – machte, so war es damals wie heute notwendig, sich kritisch vom eigenen Erleben – Schock, Betroffenheit, Unsicherheit, Angst – zu distanzieren und vernünftig das Geschehen zu reflektieren. Das ist inzwischen Bestandteil der zeitgeschichtlichen Forschung. Zum zehnten Jahrestag präsentiert Erbloggtes hier eine Medienanalyse, die in den ersten Wochen nach den Anschlägen von New York und Washington entstand:

Einerseits handelt es sich dabei um ein zeitgebundenes Erlebnisdokument: So hat es die auf S. 5 erwähnte Autobombe vor dem State Department[1] wohl nie gegeben, auch wenn sie noch lange in Medienberichten kursierte.[2] Andererseits weist die Untersuchung über den Tag hinaus: In Afghanistan und im Irak folgten kurze Eroberungskriege und lange Partisanenkriege, die weiter andauern. In der westlichen Welt folgten nie gekannte „Anti-Terror-Gesetze“, die durch umfassende staatliche Überwachung das Bedrohungsgefühl zu bekämpfen versuchten, es aber vielmehr verstetigten.[3] Dieses Gefühl ist zum Lebensgefühl des 21. Jahrhunderts geworden und unterscheidet sich durch Asymmetrie und Unberechenbarkeit von der apokalyptischen Atomangst des Kalten Krieges.

Erkenntnis und Interesse

Auch heute ist der Umgang der Medien mit dem 11. September 2001 noch ein heißes Thema, und zwar im Hinblick auf Wahrheit, Beweisbarkeit und Kritik der „offiziellen“ und zahlreichen weiteren Versionen der Ereignisse. Jüngst zeichnete Marcus Klöckner etwa die Aggression nach, mit der Leitmedien seit 10 Jahren Skeptikern und Kritikern der offiziellen Version des 11. September begegnen und sie teilweise ohne Sachargumentation zu spinnerten Verschwörungstheoretikern stempeln.[4][5][6][7][8] Skepsis und Kritik sind jedoch stets angebracht,[9] wenn (nicht nur) staatliche Akteure mit Emotion und Suggestion Politik machen[10] und dabei auf nachweisbare Fakten und überprüfbare Argumente verzichten.[11][12]

Weil Verschwörungstheorie inzwischen als böses Wort gilt, droht es künftig schwierig zu werden, überhaupt davon zu sprechen, dass eine Verschwörung der Ausgangspunkt eines beliebigen konkreten Falles sein könnte. Zur besseren Unterscheidung von Wahnideen und durchaus in Betracht kommendem Verschwörungsverdacht verwendet Daniel Kulla den Begriff Verschwörungsideologie,[13] wenn er eine hermetische Weltsicht meint, die gegen Beweise und Argumente immun ist. Zusätzliches Element in dieser Kategorie ist die Tradition der Ideologiekritik, also der Aufklärung falschen Bewusstseins.[14]

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3 Antworten zu “Medien-Krieg. Berichterstattung nach dem 11. September 2001

  1. Pingback: VroniPlag – Auflösung eines Schwarms | Erbloggtes

  2. Wie ich schon bei unserer Diskussion auf Twitter geschrieben habe: Ich verwende “Verschwörungstheorie” im Sinne von der vorgeschlagenen Verschwörungsideologie. Ich sehe durch die Umbenennung keinen Mehrwert, da ich mit “Verschwörungstheorie” nicht plausible politische Analysen mit einem Maulkorb belege. Darum halte ich die Argumentation

    Skepsis und Kritik sind jedoch stets angebracht, wenn (nicht nur) staatliche Akteure mit Emotion und Suggestion Politik machen und dabei auf nachweisbare Fakten und überprüfbare Argumente verzichten.

    für einen Strohmann. Weil man auf eine selektive Interpretation von Fakten, wilde Spekulationen und unplausible Annahmen hinweist und diese als “Verschwörungstheorie” klassifiziert, plädiert man weder gegen Skepsis noch gegen Kritik (übrigens könnte man bei “Verschwörungsideologie” genau den gleiche Vorwurf machen). Genau das Gegenteil ist der Fall. Die “Skepsis” und “Kritikfähigkeit” sind nämlich bei den Leuten die ich damit meine mangelhaft und einseitig.

    Die verlangte Sachargumentation wird bei jenen, die eine “gegen Beweise und Argumente immune” Weltsicht haben, definitionsgemäss schnell zur Zeitverschwendung (ausser man will die Schwächen der “Argumente” vorführen).

  3. Einen Sinn macht die „Umbenennung“ auch nur, wenn man sie als begriffliche Differenzierung zwischen zwei Arten von Verschwörungstheorie auffasst.

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