Holt sich die Uni Oldenburg Rektor Piper?

Ermöglicht es die schavanistische Durchsetzung des Düsseldorfer Hochschulrats der Uni Oldenburg nun, den ehemaligen HHU-Rektor Hans Michael Piper zu verpflichten? Darauf deutet eine Bemerkung in der Onlineausgabe der Nordwest Zeitung hin:

„Hans Michael Piper aus Düsseldorf ist der einzige Kandidat, den die Findungskommission zu einem hochschulöffentlichen Vortrag eingeladen hat. Und dieses Vorstellungsgespräch hat Piper mit Bravour gemeistert. […] Als Rektor der Uni Düsseldorf ist Piper zuvor nicht gescheitert. Vielmehr haben ihm viele dort übel genommen, dass er sich schützend vor den Senat stellte, der Annette Schavan den Doktortitel aberkannte. So etwas nennt man eher Rückgrat.“

Rückgrat ist Rückgrat, aber der „Senat“ war eigentlich der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät, und „viele“, die Piper etwas übel genommen haben sollen, sind wohl vor allem die Schavanisten im Düsseldorfer Hochschulrat. Ein Insider berichtete hier vor etwa einem Jahr:

Bei der Kandidatenkür für die kommende Wahl hat Kritik aus den Fakultäten an seinem Führungsstil aber kaum noch eine Rolle gespielt, weil die Fakultäten nicht mehr beteiligt wurden. Auch der Senat war weitgehend außen vor. Es war klar, dass starke Kräfte im Hochschulrat Piper nun unbedingt abschießen wollten. Für diese Kräfte war die Schavan-Affäre der absolute Kriegsgrund.

Piper hatte sich standhaft geweigert, der Fakultät das Verfahren aus der Hand zu nehmen. Mit dieser Forderung hatte ihn die Schavan-Fraktion im Hochschulrat ständig bestürmt. Es soll ua verlangt worden sein, das Verfahren unter die Kontrolle des Hochschulrats zu stellen. Es dürfte bekannt sein, dass bis Februar 2013 Herr Rietschel an der Spitze dieser Gruppe stand. Herr Rietschel hat auch persönlich versucht, die Fakultät zu beeinflussen. Etwa im Juni 2012 hat er bei einem offiziellen Treffen die Vertreter der Fakultät unverblümt auf die üppige Finanzierung wissenschaftlicher Forschung durch die Ministerin Schavan hingewiesen. Er war sich wohl wie alle diese Leute sicher, dass so ein Wink schon die gewünschte Wirkung haben würde. Nachdem im Oktober 2012 das Gutachten von Herrn Rohrbacher bekannt geworden war, hat Rietschel Piper massiv unter Druck gesetzt. Mindestens vier weitere Mitglieder des Hochschulrats haben ihn dabei regelmäßig unterstützt. Man kann wohl sagen, dass da monatelang die Hölle los war. Gleichzeitig wurde die HHU ja auch von außen massiv bombardiert. Hauptadressat war natürlich immer Piper. Das politische Berlin hat auf vielen Wegen einzugreifen versucht. Alle möglichen Leute sind vorgeschickt worden. Bekannt ist wohl, dass Herr Biedenkopf nicht nur in der Zeitung geschrieben hat. Er war nicht der einzige, der sich direkt einzumischen versucht hat. Als gewaltiger Skandal wurde und wird an der HHU das Verhalten der Wissenschaftsfunktionäre gesehen. Auch diese Herren haben zum Teil verdeckt agiert und können jetzt froh sein, wenn über ihre Heldentaten wieder Gras wächst.

Statt nachzugeben hat Piper immer deutlicher gemacht, dass er die Zuständigkeit der Fakultät respektiert und das Verfahren schützt.

Den vollständigen Bericht mit Kommentar gibt es im damaligen Artikel „Düsseldorfer Rektor Piper von Schavanisten abgesägt“. Verstärktes Interesse an Pipers Rolle in der Causa Schavan ließ sich hier im Blog bereits seit einiger Zeit wieder feststellen.

Die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg kann man bei einer Gewinnung Pipers beglückwünschen. Schließlich bekämen sie damit einen Rektor, dem man nicht nur Rückgrat attestieren kann, also fortgeschrittene Wirbelsäulenversteifung, die andernorts Starrsinn heißt. Vielmehr zeigte Piper auch eine eindrucksvolle erkenntnistheoretische Haltung, die jeder Einrichtung, die sich wissenschaftlich nennen will, gut ansteht. Diese Haltung, die im System Schavan sichtlich verdorrte, brachte Adorno einmal so auf den Punkt:

„Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen.“

Besser bestellt ist es im gegenwärtigen Wissenschaftsmanagement um Adornos spöttische Feststellung aus demselben Fragment, Nr. 34 der Minima Moralia (Frankfurt am Main 1951, S. 93f.):

„Zwischen der Erkenntnis und der Macht besteht nicht nur der Zusammenhang des Lakaientums, sondern auch einer der Wahrheit.“

Bei Hans Michael Piper kann man wohl davon ausgehen, dass der Titel jenes Textes sich auf ihn nicht beziehen lässt: Hans Guck-in-die-Luft. Man muss der Uni aber auch die Daumen drücken, dass der Teil der Wissenschaftsfinanzierung, der weiter von Schavanisten verwaltet wird, nicht künftig einen Bogen um Oldenburg macht.

Aber immerhin hat Piper den Vorteil, dass die Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung seine Dissertation bereits auf Plagiate untersucht hat. In dieser Hinsicht wird es also in Zukunft keine Überraschungen geben. Die FAZ hatte in Person ihrer Redakteurin Heike Schmoll seinerzeit einen absolut überzeugenden Anlass dafür, dass sie Piper während des laufenden Verfahrens gegen Schavan öffentlich des wissenschaftlichen Fehlverhaltens verdächtigte:

„Piper ist also ebenso Dr. phil des Jahrgangs 1980. Für die Schavan-Allianz (und nur für diese) liegt es natürlich nahe, zu vermuten, dass Pipers philosophische Dissertation ebenso schlecht – und vor allem plagiiert – ist wie Schavans. Heike Schmoll hat sich da mal die Mühe gemacht, mit dem Daumen über die Seiten zu blättern […] Offenbar hat Schmoll […] keine Skrupel, dem halbgebildeten Publikum der FAZ das Fehlen von Fußnoten als wissenschaftliches Fehlverhalten zu verkaufen. Vielleicht – weil man keine böse Absicht annehmen soll, wenn Dummheit zur Erklärung ausreicht – weiß Schmoll aber auch einfach nicht, dass es verschiedene akzeptierte Möglichkeiten zur Angabe seiner Quellen gibt. In Naturwissenschaften und Medizin, aber auch in anderen Fächern, die in der Nachkriegszeit stark von inhaltlichen Einflüssen aus den USA geprägt wurden, haben sich auch amerikanische Techniken zur Quellenangabe durchgesetzt.“

Wenn Schmolls substanzlose Angriffe gegen Pipers Dissertation eines erbracht haben, dann die Einsicht:

„1980 wussten alle Doktoranden (insbesondere die, die schon vorher drei Abschlüsse erworben hatten [so wie Piper]), dass man in einer wissenschatlichen Arbeit seine Quellen angeben muss. Denn das wusste selbst Annette Schavan. Sie wollte es nur nicht.“

Wenn Piper es geschafft hat, aufrecht durch den schavanistischen Sumpf zu waten, dürften ihm auch oldenburgische Moore, Marschen und Geestrücken keine Schwierigkeiten bereiten.
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6 Antworten zu “Holt sich die Uni Oldenburg Rektor Piper?

  1. Dr. Bernd Dammann

    Ich teile die Einschätzung und die daran anknüpfenden Vorschusslorbeeren für den hier namentlich gewürdigten Kandidaten durchaus. Aber ein Frontmann und eine Speerspitze „jakobinischer Plagiatsjägerei“ ist er damit noch lange nicht und wird das auch in Zukunft in diesem möglicherweise neuen Amt mit Sicherheit nicht sein!

    Der Senat der HHU Düsseldorf hat am 28. Januar 2014 die „Ordnung über die Grundsätze zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ beschlossen. Sie liegen voll auf der Linie der Überlegungen und Empfehlungen der DFG, die hier und andernorts andauernder fundamentalistischer Kritik ausgesetzt sind. Ich empfehle stattdessen eine ebenso aufmerksame wie gründliche Lektüre dieses 26 Seiten starken Papiers:
    http://www.uni-

    duesseldorf.de/home/fileadmin/redaktion/Oeffentliche_Medien/Presse/Pressemeldungen/Dokumente/Ordnung_-_gute_wissenschaftliche_Praxis.pdf

    Der damalige Rektor Prof. Dr. Dr. Michael Piper hat es mit seiner Unterschrift am 19. Februar 2014 noch rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung beim VG Düsseldorf in der Causa Schavan in Kraft gesetzt. Ein weitsichtiger Schachzug, der sich ausgezahlt hat, wie man seit dem im April 2014 ergangenen VG-Urteil, mit dem das Klagebegehren von Frau Schavan abgeschmettert worden ist, weiß. Auch mit diesem strategischen Schachzug wurde den ‚Schavanisten‘ vor Gericht der Wind aus den Segeln genommen. Ob damit das dann im April 2014 ergangene Urteil vielleicht doch zu teuer erkauft worden ist, sei dahingestellt und wird sich wohl erst im Laufe der Zeit erweisen. Jedenfalls besteht m.E aus der Sicht der Schavan-Gegner. derzeit in Bezug auf die Person Piper zu vorschnellem Triumphgeheul überhaupt kein Anlass.

  2. Ich frage mich, inwiefern zwischen der Neufassung der Düsseldorfer „Ordnung für gute wissenschaftliche Praxis“ vom Februar 2014 und dem im April 2014 ergangenen Urteil irgend ein Zusammenhang bestanden haben kann – zumal diese „Ordnung“ zum Zeitpunkt des streitbefangenen Verfahrens ja noch gar nicht in Kraft war.

    Wie dem Urteil des VG Düsseldorf zu entnehmen ist, hat die Klägerin allerdings die Vorgängerversion („Grundsätze zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“, 2002) ins Spiel gebracht, da sie geltend machen wollte, es hätte in Vorbereitung des Verfahrens der Fakultät nicht der Promotionsausschuss, sondern die gemäß den „Grundsätzen“ gebildete Untersuchungskommission die Ermittlungen vornehmen müssen. Die Klägerin ist aber auch hierin nicht durchgedrungen. Die Beklagte erwiderte, „ein Verfahren vor der Untersuchungskommission nach Maßgabe der Grundsätze zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der beklagten Universität habe nicht durchgeführt werden müssen. Maßgeblich sei hier allein das satzungsrechtlich in der Promotionsordnung vorgesehene Verfahren.“ Das Gericht teilte diesen Standpunkt der Beklagten und merkte an, es könne offen bleiben, ob eine Beauftragung der Untersuchungskommission durch die Fakultät überhaupt zulässig gewesen wäre.

    Übrigens scheint die Neufassung der Düsseldorfer „Ordnung“ von 2014 in einem Punkt die Diskussionen um das Schavan-Verfahren aufzugreifen: Sie schränkt in §14 die Zuständigkeit der Untersuchungskommission (und implizit auch des Ombudsmanns) deutlich ein und schließt ausdrücklich aus, dass die Untersuchungskommission in solchen Fällen tätig wird, in denen ein Verfahren nach den Regelungen der an der Universität geltenden Studien-, Prüfungs-, Promotions- und
    Habilitationsordnungen zu führen ist. Das scheint mir durchaus nicht voll auf der Linie der Überlegungen und Empfehlungen der DFG zu liegen.

  3. Mir erscheint eine Plagiatskontrolle durch die FAZ weder geeignet, ein Plagiat korrekt festzustellen, noch die Freiheit davon zu bekunden. Autowäscher entwickeln ja auch keine Autos, jedenfalls keine, die eine Zulassung im Straßenverkehr erhalten sollen.

  4. Aber lieber Anonym, eine Zulassung im Straßenverkehr ist doch für die Plagiate hinreichend Prominenter gar nicht erforderlich. Da reicht es völlig, wenn die FAZ eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellt und sich irgendwo an einer Uni hinter den sieben Bergen der Ombudsman schlafen legt. Das Argument hier lautete vielmehr, dass die FAZ es dringend versucht hat, damit aber gescheitert ist. Wenn man so will, widerlegt das gleichzeitig die Behauptung, dass ja jeder Dahergelaufene in jeder Doktorarbeit Mängel finden könnte, wenn er dies nur stark genug wolle.

    Der Zusammenhang zwischen dem VG-Urteil und der Änderung der Düsseldorfer GWP-Ordnung erhellt sich, teurer RA Bongartz (Verzeihung, das war keine Anspielung auf ihre Honorarabrechnung!), wenn man die Perspektive des werten Dr. Bernd Dammann einzunehmen versucht. Demnach gibt es in der sogenannten scientific community, wenn nicht gar in der modernen Gesellschaft, nur zwei unterscheidungswürdige Gruppen:
    Einerseits sind da die ‚Schavanisten‘, und zwar in Anführungszeichen, weil es die natürlich gar nicht wirklich gibt, sondern etwa die gesamte DFG zu dieser Fraktion zu zählen ist, ferner das VG Düsseldorf, das nur durch eine umgehende GWP-Ordnungsänderung davon abgehalten werden konnte, zugunsten von Schavan zu entscheiden. Das ist also sowas wie die herrschende Lehre, „Schavanismus“, aber in Anführungszeichen, weil eigentlich bloß legitime Normalität.
    Andererseits gibt es noch die Fraktion „jakobinischer Plagiatsjägerei“ oder „Schavan-Gegner“, Anführungszeichen dienen Dr. Bernd Dammann allenfalls der Distanzierung, hier aber dem Zitat, Sie wissen schon. Dabei handelt es sich um penetrante und, Zitat, „fundamentalistische“ Verantwortliche für eine Art revolutionäre Terrorherrschaft, die barbarisches, Zitat, „Triumphgeheul“, anstimmen, obwohl dazu nach allen Maßstäben der Vernunft kein Anlass besteht. Wie Sie leicht einsehen werden, tragen solche Leute entweder gepuderte Perücken (keine Anspielung auf Ihre Haarpracht!) oder – wahrscheinlicher – wirre Bärte und Turbane, um sich von der legitimen Normalität möglichst deutlich abzuheben.
    Diese beiden Fraktionen gibt es, und nichts weiter. Nur Dr. Bernd Dammann hat es geschafft, sich selbst in eine unwahrscheinliche Metaposition zu begeben, die sich auf einer Nadelspitze befindet, von der aus er das Schlachtfeld überblickt und die Lämmer von den Wölfen scheidet: Für Piper lautet das Argument, dass er zweifellos zu den ‚Schavanisten‘ zählt, weil er gerade noch „rechtzeitig“ („strategisch“ und „weitsichtig“) eine GWP-Ordnungsänderung unterzeichnet hat, damit das VG Düsseldorf, das er auch zu den ‚Schavanisten‘ zählt, sich daran orientieren und sein Urteil entsprechend fällen kann. Man ist ja im Gegensatz zu diesen antiaufklärerischen Fundamentalisten der Vernunft verpflichtet. Sinn macht das alles nur ex negativo: Den ‚Schavanisten‘ schließt (oder biedert?) man sich an, indem man nachweist, dass man „jakobinischer Plagiatsjägerei“ unverdächtig ist. Das ist denkbar einfach, man muss sich nur demonstrativ an DFG-Empfehlungen oder geltende Gesetze halten, und schwupps, gehört man zur legitimen Normalität, also den ‚Schavanisten‘. Im Gegensatz zu den „jakobinischer Plagiatsjägerei“ Verdächtigen ist man dann auch kein Fundamentalist oder Terrorist. Und alle sind gerettet! Durch einen Federstrich!

  5. Danke, Erbloggtes. Nach der Lektüre der Ausführungen des verehrlichen Herrn Dr. Dammann war ich ratlos und blieb es auch, so sehr und so lange ich mir auch mein teures Brusthaartoupet kraulen mochte. Im Normalfall hilft dies. Hier nicht. Ich ahnte allerdings, dass es mir nur an der nötigen Weit- und Einsicht im Blick auf die Dinge dieser Welt gebricht. Beschämt und ein wenig verzagt versenkte ich mich wieder in meine Paragraphen und Randnummern, deren beschränkter Bezirk mir Glauben, Sitte und Heimat gibt. Nun jedoch ordnet sich alles, und ich sehe klarer und weiter. Eine wunderbare und erhebende Erfahrung. Für heute abend habe ich aus diesem Anlass ein erlesenes kleines Triumphgeheul vorgesehen.

  6. Pingback: Umleitung: Rektor Piper, Public History, Peer (ja der), s[sic!]PD und andere Alliterationen, sowie als Klimax die generischen Feminina. | zoom

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