Do it for the lulz!

Er bloggte sich zeitweise um Nachtschlaf, Gesundheit, Wohlbefinden. Aber warum? Warum bloggt jemand? Warum bestimmte Themen? Angelika Schoder hat ironisch vorgeschlagen: „Mach es für die Reichweite!“, um damit eine Position in einer Twitter-Debatte zu kritisieren, die sich um Arbeit und Bezahlung in der Wissenschaft und im Internet dreht.

Die Kritik lautet, grob zusammengefasst, dass von Reichweite niemand satt wird, und daher Blogarbeit nur gegen klingende Münze geleistet werden sollte. Das ist eine sympathische Position, schließlich wollen alle gern satt werden, und nur böse Menschen gönnen das anderen nicht. Aber warum soll daraus folgen, dass Blogarbeit Bezahlung verdient? Wollen Nichtbloggende denn nicht satt werden? Und gönnt man Nichtbloggenden das nicht? Soll nur essen, wer auch in den Blogwerken schuftet? Das klingt doch etwas zu sehr nach SPD, einer über 150 Jahre alten Partei, die auch so aussieht und es auch nicht mehr lange macht.

Für das Sattwerden gibt es doch weitaus zeitgemäßere Konzepte als Bloggen gegen Honorar. Diese Leistung bieten Algorithmen inzwischen auch viel billiger an. Und sollen dann etwa nur die Algorithmen satt werden? Nein. Wer satt werden will, und auch möchte, dass andere satt werden, der sollte sich über Lösungsvorschläge für dieses Problem informieren, die etwas über den Tellerrand der Bloggendenbubble hinaus reichen, über Bedingungsloses Grundeinkommen zum Beispiel.

Wer das hat, kann bloggen, wie sein Schnabel lustig ist. Und ist das nicht das eigentliche Bloggen? Bloggen gegen Honorar heißt doch Auftragsbloggen, und wer den Künstler bezahlt, der bestimmt, was er malt. Das kann doch nicht das Ziel sein. Noch dazu, wenn der Zahlmeister keine Verkaufserlöse aus der Blogarbeit zu ziehen plant, wie das bei Open Access regelmäßig der Fall ist. Wie sollte man dann die Blogarbeit betriebswirtschaftlich bewerten, kalkulieren, evaluieren?

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Gegenentwurf, gegen den sich die Forderung nach Bezahlung für Blogger richtet: Reichweite als Bezahlung? Renommee? Chancen für Nachwuchswissenschaftler? Es ist eine noch lächerlichere Vorstellung, man könnte sich zur Verfolgung solcher Zwecke dafür entscheiden, etwas zu bloggen, als es die Idee ist, man könnte sich zur Gewinnerzielung oder für den Lebensunterhalt dafür entscheiden, etwas zu bloggen.

Wer argumentiert, „Sie wollen Geld verdienen? Na, dann bloggen Sie doch was!“ oder „Sie wollen in der Wissenschaft Karriere machen? Na, dann bloggen Sie doch was!“, der hat früher schon Empfehlungen wie die ausgesprochen: „Sie wollen in die Politik gehen? Na, dann machen Sie doch noch schnell einen Doktor!“ Was dabei regelmäßig herauskam, wissen passionierte Leserinnen dieses Blogs inzwischen.

Es gibt keinen guten Grund zu bloggen, außer man muss es. Die Kommunikation selbst ist der einzige Zweck, für den „es sich lohnt“, schwere geistige Arbeit zu leisten, die nirgendwohin führt, außer zu einem besseren Verständnis der Themen, der Menschen, der Sprachen – wofür man sich nichts kaufen kann. Wer fordert, man müsse fürs Bloggen bezahlt werden, ist auf die neoliberale Verwertungslogik hereingefallen, laut der alles monetarisierbar sein muss, jeder sehen muss, wo er bleibt, und (speziell junge) Menschen bei allem, was sie tun stets ihre Karriere fest im Blick haben müssen.

Sich von solchen geistigen Fesseln zu befreien ist schwer. Aber Bloggen kann dabei helfen: Notiert man täglich, was man um seiner selbst willen tut, und was man zum Erreichen anderer Zwecke unternimmt, kann man mit der Zeit Einsicht in die eigenen Wünsche und Ziele erlangen. Man kann herausfinden, was man gern tut, und dann vielleicht lieber das machen, anstatt zu Bloggen und eine monetäre Entschädigung dafür zu fordern, weil das so unangenehm ist. Unbezahlbar ist es schließlich, sich selbst zu erkennen, ob mit Papiertüte oder ohne.

Daher gilt fürs Bloggen: Lass es! Oder: Do it for the lulz!

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Eine Antwort zu “Do it for the lulz!

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