Wie es mit Wiki-Watch weitergeht

Erlebte Streisand-Effekte sind eine spannende Sache. An diesem Wochenende hat es – völlig zu Recht – die umtriebige PR-Firma Wiki-Watch erwischt, die sich den Deckmantel eines universitären Forschungsprojekts umgehängt hat. Mit kritischer Öffentlichkeit und der transparenten Kommunikation von Tatsachen kann das angeblich auf Krisenkommunikations-PR spezialisierte Unternehmen des ehemaligen Merkel-Beraters Wolfgang Stock, der sich selbst als „ordentlicher Universitätsprofessor für Journalistik“ bezeichnet, jedoch offenbar weniger umgehen als es seine Kunden glauben machen will.

Wiki-Watch konnte binnen 24 Stunden die Web-2.0-Verbreitung des FAZ-Artikels vom 1. Juli (in der Druckausgabe vom 2. Juli, S. 42) stoppen, indem sie den Artikel auf FAZ.net entfernen ließen (siehe hier). Die Rivva-Zahlen wachsen seitdem nicht mehr (2/29/21/20).[1] Aber stattdessen eröffnete sich ein neuer Rivva (Schmalenstroer: „Shitstorm“), der das Zurückziehen des FAZ-Artikels kritisch verbreitet und zahlenmäßig nach 24 Stunden größer ist als die zuvor gestoppte Verbreitung (1/88/7/14).[2] Ein empirisches Vorkommen des Streisand-Effekts; hier mit Schwerpunkt auf Twitter.

Stock gibt derweil auf Facebook bekannt, in der FAZ eine „Gegendarstellung in gleicher Größe“ erhalten zu wollen und kündigt an, „Dienstag/Mittwoch wird die FAZ ja per Print auf unsere rechtlichen Forderungen reagieren müssen“.[3] Man darf gespannt sein, ob es Stock gelingt, den universitären „Studien- und Forschungsschwerpunkt Medienrecht“[4] so zu benutzen, dass er jede kritische Öffentlichkeit gerichtlich untersagen lassen kann.

Und nun noch ein paar Links zu den jüngeren Entwicklungen in Sachen Wiki-Watch gegen das Web 2.0 (die von Rivva nicht berücksichtigt wurden):

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6 Antworten zu “Wie es mit Wiki-Watch weitergeht

  1. Pingback: Professoren und Journalisten bei der Arbeit « Jakoblog — Das Weblog von Jakob Voß

  2. Die oben genannten Rivva-Kennzahlen sind inzwischen zu (4/29/21/20) und (7/93/10/18) angewachsen. Zusätzlich entstand ein Rivva zu Die WikiWatch-Affäre entwickelt sich zum Shitstorm (3/13/3/6). Man darf gespannt sein, wie es weiter geht.

  3. Pingback: Bloggeburtstag, Öffentlichkeit, Freiheit statt Angst | Erbloggtes

  4. siehst du, das hast du vor zwei jahren thematisiert … und?

    aus den augen, aus dem sinn.

    oh, was für ein süßes katzenbild …

  5. Also in meinem Sinn ist das weiter vorhanden. Taucht auch immer wieder aus der Versenkung auf. Zum Beispiel neulich, da ist Gerd Langguth gestorben. Den hatte ich hier schonmal erwähnt, weil er Gutachter bei einer plagiierten Doktorarbeit war. Der Plagiator wurde anschließend „PR-Berater für ‚Social Media‘ bei einer Düsseldorfer ‚Medienmonitoring‘-Firma“.[1]
    Langguth nun war in den 1970ern Bundesvorsitzender des RCDS und schrieb vor einigen Jahren „Biografien über Angela Merkel (2005) und Horst Köhler (2007). Langguth beschrieb 2005, basierend auf zahlreichen Zeitzeugeninterviews, ausführlich die Jugend Angela Merkels in der DDR und ihr Elternhaus, widmete sich ihrem Studium an der Universität Leipzig und ihrer Arbeit an der Akademie der Wissenschaften.“[2]
    Die Show über die „dunkle DDR-Vergangenheit“ Merkels hast Du vielleicht in den letzten Tagen mitbekommen. Alles Unsinn, alles gut bekannt. Der „Skandalautor“ Ralf Georg Reuth hat Langguths Merkel-Biographie damals ausgiebig rezensiert. Und es gab noch einen Merkel-Biographen 2005: Wolfgang Stock, anschließend machte er mit Merkel ein Video-Podcast, dann nutzte er Synergien zwischen seiner Krisen-PR-Firma Convincet und Wiki-Watch. Stock ist die nächste Generation, über 10 Jahre jünger als Langguth. Für seine Propagandaprojekte brauchte er natürlich auch Juristen, und am besten Zugang zu Hochschulen. Da kommt Wiki-Watch-Kollege Weberling (wieder) ins Spiel. Der war nämlich in den 1980ern Vorsitzender des RCDS und wird in der Literaturliste zu Langguth[2] mit folgenden Werk erwähnt: Johannes Weberling, Für Freiheit und Menschenrechte. Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) 1945-1986, Düsseldorf 1990, S. 110-126, 263.
    Langguth hat den Staffelstab demnach an die nächste Generation übergeben, hier in Person Stock & Weberling. Und diese nächste Generation macht auch was mit Internet. Wenn man dann schaut, wer denn in den 1990er Jahren RCDS-Vorsitzender war, stößt man etwa auf solche Leute. Die biographischen und funktionellen Parallelen sind nicht zu leugnen. Das sind Polit-PRler und „Klimaskeptiker“, weiß die Wikipedia. Die nächsten Jahrzehnte werden kein Spaß, wenn solche Leute nach oben gespült werden.

    Aber was nutzt es, wenn ich dazu was blogge, was dann nach zwei Jahren immer noch da steht? Na, dass es nach zwei Jahren immer noch jeder nachlesen kann natürlich! Das Internet ist doch im Gegensatz zur Zeitung eigentlich ein Lean-Forward-Medium, d.h. es ist für die Leute gemacht, die eine Frage haben und danach googeln. Das tun sie, seit dieser Artikel und andere veröffentlicht sind. Entscheidend ist nicht, bei Veröffentlichung irgendwen zu überzeugen und zur direkten Aktion (DDoS-Attacke auf Wiki-Watch oder so) anzustacheln. Entscheidend ist, dass beim nächsten Mal, wenn Wiki-Watch irgendwem begegnet, irgendwo aufgeschrieben ist, was das für ein Verein ist. Dies Blog ist nicht einfach ein Kommunikationsmedium, sondern auch ein Informationsspeicher. Deshalb ist es auch völlig ok, sich anschließend Katzenbilder anzuschauen. 😉

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