Katholikenquote für die Bundesregierung

Erscheint es vermessen, wenn katholische Kirchenvertreter mehr Einfluss auf die Bundesregierung verlangen? Nachdem „ein namentlich nicht genanntes Mitglied des Zentralkomitees der Katholiken“ vorige Woche die Ernennung von Johanna Wanka zur Bundesbildungsministerin aus Glaubensgründen kritisiert hatte,[1] meldete sich nun der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, im gleichen Sinne zu Wort und „fordert mehr Katholiken im Kabinett“.[2]

„‚Es stände der CDU aber gut an, auch Katholiken bis in Spitzenpositionen zu fördern.‘ Eine gewisse konfessionelle Vielfalt sei auch für die CDU-Minister des Bundeskabinetts wünschenswert, so der Erzbischof.“[2]

Man erkennt leicht, dass in der Führungsetage der deutschen Katholiken klare Quotenbefürworter sitzen. Sie plädieren zuweilen für 100-Prozent-Quoten von Katholiken in kirchlich geführten Einrichtungen. Auch 100-Prozent-Quoten für Heterosexuelle sowie für Nichtgeschiedene wünschen sich dort wohl einige. Und gerade, weil Katholiken in Deutschland sich ja als diskriminierte Randgruppe sehen,[3] hätte die protestantischen Kanzlerin dafür Sorge tragen müssen, dass statt einer vorsätzlich über ihre ärmlichen geistigen Leistungen täuschenden, an geistlichen Leistungen aber reichen Bildungsministerin ein anderer gut katholischer Mensch ins Kabinett berufen worden wäre. Mann, Frau, Fähigkeit – egal, Hauptsache: katholisch. Damit die Katholiken nicht noch weiter an die Wand gedrückt werden.

Nur Altmaier sei noch ein gut katholischer CDU-Minister. Klar auf verlorenem Posten steht der arme Altmaier somit bei diesen Treffen, bei denen dann die CDU-Minister über das Regierungshandeln abstimmen. Zum Beispiel, wenn es um die Enteignung von katholischen Kirchenbesitztümern geht, oder das Verbot katholischer Trägerschaft für Krankenhäuser, Pflegeheime und Kindergärten. Ach, die CDU-Minister stimmen darüber gar nicht ab? Ach so, im Bundeskabinett gibt es derzeit AmtsinhaberInnen von CDU, CSU und FDP, und die setzen sich alle zusammen und treffen dann gemeinsam Entscheidungen?

Die Wikipedia verzeichnet die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche außer bei Peter Altmaier auch bei Ministerin Ilse Aigner (CSU), sowie bei den Ministern Peter Ramsauer (CSU), Daniel Bahr (FDP) und Philipp Rösler (FDP). Bei 16 Kabinettsmitgliedern entspricht das einem Anteil von 31,25 Prozent. Das ist natürlich viel zu wenig.

Religionen in Deutschland. Blau: konfessionslos. Rot: evangelisch. Schwarz: katholisch.

Bevölkerungsanteile der Religionen in der BRD bis 2008. Blau: konfessionslos. Rot: evangelisch. Schwarz: katholisch.

Denn entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung sollte eine so wichtige Gruppe wie die Katholiken schon repräsentiert sein. Schließlich sind ja auch 37,5 Prozent der Kabinettsmitglieder Frauen. Da wird man doch wohl mal ein bisschen Gerechtigkeit für die Katholiken fordern dürfen. Davon gab es in Deutschland 2011 immerhin 24 Millionen. Also 29,9 Prozent der Gesamtbevölkerung, sagt Wikipedia. Da wird doch wohl noch ein Ministersessel für frei sein. Notfalls muss man eben ein zusätzliches Ressort schaffen, ein Konkordatsministerium zum Beispiel.

Dann ist natürlich der Anteil der „Sonstigen“ auch hoch genug für einen Kabinettsposten, aber da lässt sich sicher etwas einrichten, ein Ministerium für Randgruppen zum Beispiel, optimal besetzt mit einem Minister, der gleich Mitglied mehrerer Religionsgemeinschaften ist. Wenn es nach den katholischen Quotenforderungen geht, dann müsste man vielleicht auch noch Quoten für Heterosexuelle oder für Verheiratete etablieren. Womöglich sollte man auch an eine Quote für Kompetente denken. Aber die läge dann wohl zu niedrig, um ihnen einen Kabinettssitz zu garantieren.

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8 Antworten zu “Katholikenquote für die Bundesregierung

  1. Hübscher Avatar!

  2. Dazu passt dann die Neuerscheinung bei C.H. Beck, in der Süddeutschen besprochen: http://www.sueddeutsche.de/kultur/skandaloeses-kirchenbuch-tiefe-einblick-in-die-welt-der-scheinheiligen-1.1601830-3

    Wie interessant zu erfahren, dass der maßgebliche Autor hinter den jüngeren katholischen Dogmen massiv und nachweisbar Dreck am Stecken hatte und nichts von dem lebte, was er schrieb. Und die Führungsclique wusste bestens Bescheid. Und bis heute hat sich nicht viel verändert, wie man schon an den jüngsten Vorfällen beim Glaubensanbieter RKK sieht.

  3. Das passt ja zu unserem Kneipenlog-Thema, wie die Faust auf’s Auge.

    Aber ich denke, die Kirche hat hier keine Katholikenquote im Kabinet im Sinn, sondern eine Katholikenquote in der CDU. Es geht genau um die Ideologie, die katholische Kirche erwartet, in der christlichen Partei adäquat vertreten zu sein. Auch an den Spitzenpositionen. Als Volkspartei richtet sich die CDU aber auch an evangelische Christen und agnostische Konservative und kann deshalb dem Drängen der Kirche nicht immer entsprechen.

  4. Ist es zu weit hergeholt, dass es der katholischen Kirche weniger um die Bundesregierung als um die CDU geht? Dass man befürchtet, dort an Einfluss zu verlieren?

  5. Es ist sogar sehr naheliegend, dass es der kath. Kirche um die CDU geht. (Joachims entsprechenden Kommentar habe ich nun zugleich freigeschaltet.) Warum die CSU aber für die kath. Kirche in dieser Hinsicht keine Rolle spielt, wäre noch zu fragen.
    Ministerämter sind aber keine Parteiämter. Die Minister sind nicht zuerst der Partei verpflichtet, sondern zuerst dem Staat, dann der Partei, dann sich selbst. So die normative Theorie, präsentiert bei Schavan.
    Doch wie man es dreht und wendet: Die Forderung, Posten nach Konfession zu besetzen (und wenn es nur parteiintern wäre), ist nicht rechtfertigbar. Wenn die Katholiken sagen, sie wünschen sich, dass die Union dieses oder jenes Menschenbild, diese oder jene Ideologie vertritt, dann tun das Protestanten, Heiden, Muslime sicherlich meistenteils ebensogut wie Katholiken.
    Nur einen ideologischen Grundsatz für deutsche Politik können Nichtkatholiken nicht gut vertreten, darauf wies der von Anette verlinkte Artikel (vielen Dank, sehr lesenswert!) hin: Kadavergehorsam gegenüber der kath. Kirche und Glaube an die Unfehlbarkeit des Papstes. Aber das sind (wie ich aus dem Artikel neu lernte) Ideologieversatzstücke aus dem 19. Jahrhundert, von der die Katholiken sich im 21. Jahrhundert ohnehin schleunigst wieder verabschieden sollten. (Und viele Basiskatholiken sind eben dieser Ansicht.)

  6. Pingback: Allzeit ideologiebereit! | KneipenLog

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