Was gibt’s Neues von Schavan?

Erstrebte Schavan die erneute Intensivierung des zuletzt zähfließenden öffentlichen Diskurses über sie und ihre Doktorarbeit, oder war das nur ein unterschätztes Nebenprodukt der an sie gegenwärtig von außen gestellten Anforderungen? Erfreulich ist jedenfalls, dass die Befassung Schavans mit Bildungsthemen offensichtlich prompt Widerstand hervorruft, so dass man sie kaum wieder als Ministerin einsetzen kann.

Professor Hose, der Senatsvorsitzende der LMU, hat Schavans „Berufung“ (ach, welch schönes Wort in diesem Zusammenhang) in den Hochschulrat der LMU verteidigt. Zwar habe der Senat dabei ohnehin nichts zu sagen, aber das tue er mit vollem Einsatz. Denn im Senat findet man offenbar einstimmig: „Diese Entscheidung sei wegen der strategischen Dimension nach wie vor richtig und deshalb an der LMU so unstrittig, dass sie per Akklamation erfolgt und auch eine vorherige Diskussion überflüssig gewesen sei.“[1]

Dabei ist Schavans vor dem Wahlkampf karger Terminkalender (bloß Besuche des chinesischen Forschungsministers u.ä.) doch inzwischen wieder gut gefüllt. Der Terminüberblick für diesen Monat kulminiert am Donnerstag, den 24. Oktober, in der ersten Sitzung des LMU-Hochschulrates mit Annette Schavan.[2] Von der Sitzung erwartet die Öffentlichkeit inzwischen einiges, also nicht inhaltlich, aber personalpolitisch.

Auch für den nächsten Monat steht noch kein Verhandlungstermin am Verwaltungsgericht Düsseldorf fest.[3] Da der Terminkalender des Verwaltungsgerichts aber in der Regel mehrfach aktualisiert wird, steht auch das Gegenteil noch nicht fest. Dass „die öffentliche Meinung die Gescholtene“ aber auch ohne ein solches Urteil noch „zu einem weiteren Rücktritt in diesem Jahr“ bewegen wird, wie sich die NZZ ausmalt,[4] ist eher zweifelhaft.

Simone G. hat die Stimmungslage Schavans als Kulturkampf-Rhetorik analysiert: „wenn die stolzen Feinde schnauben“, wird man als guter Katholik „Vor der Front erschossen. Vom Rücken her erschossen!“, so dass „sich der Glaubende ausgeliefert vorkommt, ausgesetzt in Feindesland“. Und wo, wenn nicht „in der Auseinandersetzung über ihre Doktorarbeit“ sollte Schavan „den persönlichen Halt, den ihr der Glaube […] gegeben hat“, zu schätzen wissen?[5] Nebenbei fällt ihr auf, dass im Gehirn des Schavan-Chefkorrespondenten Joachim Frank sonderbare Assoziationsketten losgetreten werden, die verhindern, dass er den Namen des DFG-Präsidenten richtig abschreibt.[5]

Der Münchner Lehrstuhlinhaber François Bry wagt das mit der inneruniversitären Opposition gegen Schavans Berufung in den Hochschulrat der LMU. Jedenfalls stellt er Fragen, die sich für Hochschulleitung, Hochschulrat, Senat und Ministerium ganz und gar nicht gestellt haben, als sie sich völlig einig waren:

„Kann aber Frau Schavan Auskünfte liefern, die es unserer Universität ermöglicht, bei Förderprogrammen für Lehre oder Forschung erfolgreicher als andere Hochschulen zu sein, ohne gegen die Ethik zu verstoßen? […] Heißt es denn, dass die Leitung und der Senat unserer Universität an der Integrität von Frau Anette Schavan so sehr zweifeln, dass sie von ihr Ethikverstoße erwarten?“[6]

Oder hat man Schavan gar wegen ihrer inhaltlichen Kompetenz berufen? Die Ministerin als Inhaberin einer Doktorarbeit ins Amt geholt? Auch in dem Fall fordert Bry dazu auf, die Position der LMU öffentlich zu rechtfertigen:

„Über die Promotionsaberkennung und die Aussichten der Klage dagegen muss man nicht urteilen, so lange man Frau Schavan nicht in Ämter beruft – oder eine solche Berufung bestätigt –, die mit einer Promotionsaberkennung schwer verträglich sind. Tut man das aber, so darf die Öffentlichkeit eine Stellungnahme dazu erwarten. Folglich bitte ich Sie als Senatsvorsitzenden, sich dafür einzusetzen, dass die Leitung unserer Universität öffentlich Stellung zur Promotionsaberkennung von Frau Schavan nimmt.“[6]

Egal, was die Verantwortlichen nun sagen: Es sieht nicht gut aus. Das beste ist, nichts zu sagen, und damit ein permanentes Ausweichen auf die andere Position zu ermöglichen. Wissenschaftsmanagement Münchner Art.

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4 Antworten zu “Was gibt’s Neues von Schavan?

  1. Hat dies auf Wut! rebloggt.

  2. Der Mann hat recht. Mehr gibt es nicht zu sagen bzw. würde zu viel Platz erfordern.

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