Erwünschtes könnte beim Focus zum Vater einer Überschrift geworden sein, die da lautete: „Rückkehr nach Plagiatsaffäre. Guttenberg bemüht sich um neuen Doktortitel“.[1] Während die FAZ gerade mit dem Leuchtturm-Preis vom Netzwerk Recherche ausgezeichnet wurde, weil sie über die Guttenberg-Affäre stets „ohne Rücksicht auf Angriffe und Verharmlosungen sorgfältig recherchiert und messerscharf berichtet“ habe,[2] wäre demnach Schreckliches passiert: Der Baron ist zurück. Und er will seinen Titel wieder haben.
Glücklicherweise handelt es sich aber nur um den üblichen Focus-Schmu. Das Körnchen Wahrheit an der Story: Guttenberg wurde in Kanada gesichtet; er gilt nun nicht mehr als aus der Öffentlichkeit abgetaucht.[3] Außerdem soll ein CSU-Bundestagsabgeordneter gesagt haben: „Es wäre kein Fehler, wenn er eine neue Doktorarbeit schriebe“.[4] Mehr nicht.
Die Süddeutsche charakterisiert das als bloßes Gerücht.[5] Aber bei manchen Schmierblättern können Artikel, die aus solcher Substanzlosigkeit zusammengebastelt sind, auch schon mal auf die Knabenmorgenblütenträume der Herzensmonarchisten fokussieren. Der Freiherr könnte das auch. Vielleicht ist der Kairos günstig, um „vorerst gescheitert“[6] eine neue Karriere als Medien-Schmierfink zu beginnen. Mit Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo hat er auch schon einen standesgemäßen Steigbügelhalter gefunden.
Messias oder Antichrist
Nicht nur[7] Ali Arbia kritisiert die Haltung, die mit einer Neu-Dissertation einherginge.[8] Aber es wäre nicht der erste Fall von adligem zweitem Versuch nach Plagiat und Titelentzug.[9] Arbia verweist auch auf ein bemerkenswertes Internet-Fundstück, laut dem amerikanische Evangelikale in Guttenberg eine Ankündigung des Jüngsten Gerichts sehen:
Much is happening in the world, and a leader known as the final King of the North (or Beast) in Bible prophecy, will ultimately become the leader of Europe. And according to the Bible, he will have military abilities and apparently be popular and charismatic. Karl Guttenberg fulfills these requirements. We all should watch.[10]
Jaja, wunderbare Logik. Über den letzten König des Nordens weiß das Buch Daniel abschließend: „Dann geht er seinem Ende zu und niemand ist da, der ihm hilft.“ (Daniel 11, 45) Das ist selbst dem Freiherrn nicht zu wünschen.
Diese Interpretation der religiöser Fanatiker ähnelt allerdings in einigen Punkten den Projektionen, die deutsche Medien im Einklang mit CSU-Politikern dem Erscheinen Guttenbergs entgegenbringen. Das ist das eigentlich Erschreckende.
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