Dr. futsch. Annette Schavan vor Gericht gescheitert

Erbringt es schon eine wissenschaftliche Qualifikationsleistung, sich die Leistungen anderer zuzuschreiben? Das Verwaltungsgericht Düsseldorf fand heute, dass die Philosophische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf diese Frage im Plagiatsfall Annette Schavan rechtskonform geprüft habe. Das Gericht bestätigte daher die Entziehung des Doktorgrades am 5. Februar 2013, gegen die Schavan geklagt hatte.

Bebilderte Prozessberichte aus erster Hand: Twitter

Der Gerichtssaal war nicht ganz voll:

Richterin Feuerstein und die Vertreter der beklagten HHU Düsseldorf (Dekan Bleckmann, Anwalt Gärditz, Gutachter Rohrbacher):

Die Klägerin selbst war jedoch nicht erschienen:

Die Beklagten trugen durchaus ambivalente Argumente vor:

Der Klagevertreter überraschte immerhin mit seinen Ausführungen:

Mit manchen fiel er seiner Mandantin und ihrer regelmäßigen Selbstdarstellung sogar direkt in den Rücken:

Das Gericht wies die Verzögerungsversuche von Schavans Seite zurück und schuf damit ein Argument, das zum in verschiedenen Medien bereits vorab angekündigten Gang durch die Instanzen gewiss herangezogen wird:

Die Urteilsverkündung wurde für 15:15 Uhr angekündigt und mit Spannung erwartet:

Ob es nun allgemein wünschenswerter wäre, wenn die Causa Schavan juristisch abgeschlossen werden könnte, als wenn die Wunde offen bleibt, ist schwer zu sagen. Die Demontage „der Wissenschaft selbst“ muss man ja heute schon als Gewinn ansehen. Das provoziert einige poetische Ambivalenzen:

Moderner Schamanismus

Das Aufklärungs-Theater rund um Schavan – stockt es?
Nein, denn es gibt ja das famose „Erbloggtes“.
Dieses Blog liest einem Aachener Emeriten
namens Reim ganz schön heftig die Leviten.
Leider nicht in Versen, welch Wermutstropfen,
aber vielleicht dürfen wir künftig auf mehr Reime hoffen!

Der Ausgang des Verfahrens: Offen.
Verloren ist nicht Malz noch Hopfen.
Schavan lässt sich nicht alles bieten,
verweist auf abweichende Riten
der Zitation einer Epoche,
in der das Doktorier’n Maloche
gewesen ist: Prädigital!
Erziehungswissenschaft zumal
war fußnotenbefreite Zone,
was auch Herr Tenorth sehr betone.
Schavan zitiert auch Ludger H.,
der ihr schon ehedem sehr nah
gewesen ist, und Präsidenten
von Unis, die sie auch gut kennten.
Des weiteren: Ihre Meriten!
Darf ich das zu erinnern bitten?
Für Bildung und für Wissenschaft
wirkte sie stets ganz vorbildhaft.
Und wie absurd: Sie hätt‘ beschissen –
dabei schrieb sie doch vom Gewissen!
Solch irres Menschenbild – mich schockt es.
Nie wieder lese ich Erbloggtes!

Und die Moral von der Geschicht‘
ist plagiiert oder auch nicht.

Erbloggtes 2014

via [1]

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28 Antworten zu “Dr. futsch. Annette Schavan vor Gericht gescheitert

  1. Na so etwas!

    Wo doch in der aktuellen ZEIT von Marion Schmidt noch einmal alle Register des Schavanismus gezogen wurden:

    zeit.de/2014/13/schavan-doktortitel-plagiatsverfahren/komplettansicht

  2. Hatte mich gefragt, ob das vielleicht ein Pseudonym von Heike Schmoll ist. 🙂
    Süddeutsche und FAZ auch mit entsprechendem Unsinn.

  3. alleszuspaet

    „Marion Schmidt ist seit April 2013 Redakteurin und
    stellvertretende Ressortleiterin [… Zitat gekürzt. Leistungsschutzrecht und so. Siehe den Finanzdienstleisterprospekt, S. 8. Für die auf der Konferenz auch anwesenden Schavanisten siehe z.B. S. 6. Erbloggtes]“

    Klicke, um auf programm-2013.pdf zuzugreifen

  4. Blumentopf

    Angesichts des Angriffs auf Rohrbacher in dem „Artikel“ könnte das gut sein.

  5. eichenbach

    Dafür war es viele lange Jahre sehr schön für sie; daran kann sie sich erbauen. Es sind wunderschöne Erinnerungen, die ihr niemand nehmen kann.

  6. Pingback: Umleitung: Dr. futsch. Annette Schavan vor Gericht gescheitert, Altersarmut, schräge Geschichten, Austin/TX, Ukraine und mehr … | zoom

  7. „Der Wissenschaft aber hat das Gericht einen Bärendienst erwiesen. Es macht nämlich deutlich, dass die Universitäten mit möglichen Plagiatoren wie Freiwild umgehen können.“

    Frei.Wild haben ja auch bei Stahlgewitter plagiiert.

    *scnr*

  8. In der Tat. Es beruhigt mich ja kolossal, dass die Lesermeinungen unter dem Artikel ziemlich deutlich werden. Es ist ja auch zu leicht, gerade diesen Kommentar „Ein guter Tag für die Fußnotenzähler“ zu entlarven. (Unklar hingegen, was mit der Trennung von Nachricht und Kommentar ist, wenn die Sch. lauter so phantastische Texte schreibt.)

    In den Kommentaren habe ich auch diesen Link gefunden:
    http://duckhome.de/tb/archives/10373-Der-Niedergang-des-Journalismus-am-Beispiel-Marion-Schmidt-FTD.html
    Von Schmidts Schavan-Artikel aus dem Oktober 2012 ist leider nur noch der Titel überliefert: „Lasst Frau Schavan in Ruhe!“ Der ist allerdings in mehrerlei Hinsicht sprechend. Vielleicht hätte jemand der Frau sagen sollen, dass seit 2007 „Leave xy alone“ ein satirisches Mem ist, das in diesem Internet ikonisch für pubertierende Fans steht:
    http://knowyourmeme.com/memes/leave-britney-alone
    Aber gut, dass die merkbefreitesten Groupies sich nicht für Justin Bieber oder Miley Cyrus einsetzen, sondern in deutschen Qualitätsredaktionen für Bildung zuständig sind, das konnte ja keiner ahnen!

    Will man nun fragen, wie Redaktionsleitungen sowas verantworten können, muss man sich vielleicht die Chefetagen näher anschauen. Bei der FAZ ist Schavan nun Chefsache: Günther Nonnenmacher hat in seinen Beruf wohl zuviel „mit Klebestift und Schere“ gearbeitet, so dass er auch Gerichtsbeschlüsse über Vorsätzlichkeit als „nicht nachzuweisen“ abtut.
    http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/plagiatsaffaere-schavans-gewissen-12856064.html

    Geradezu geläutert tritt dagegen Roland Preuß auf. Er habe verstanden: „Schavans Anwälte aber versuchten, die wissenschaftlichen Standards aufzuweichen.“ Nur das mit der Verjährung, das ist ihm noch nicht ganz klar. Aber das wird noch.
    http://www.sueddeutsche.de/bildung/annette-schavan-dr-a-d-1.1918190

  9. @sol1: Danke, über einen Freiwild-Gag hatte ich auch kurz nachgedacht. Aber der Artikel ist ja zur Gänze so. Schmidt fand es, wie sie schreibt, „offenbar auch nicht notwendig, externen Sachverstand zu Rate zu ziehen.“

  10. Die RP hat immer noch einen guten Draht nach oben:
    „Rheinische Post: Ex-Bildungsministerin Schavan will Urteil nicht akzeptieren“, schreibt die Zeitung in einer Vorabmeldung. „Schavan bereite sich mit ihren Anwälten darauf vor, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen, berichtet die in Düsseldorf erscheinende “Rheinische Post” (Freitagausgabe) unter Berufung auf das Umfeld der Politikerin.“

  11. Pingback: stilstand» Blogarchiv » Ein Vorschlag zur Güte

  12. Ich bin dafür, neben dem Dr. h.c. auch den Dr. ex. einzuführen. Man vermeidet so psychische Verletzungen und Traumata …

  13. Man muss der guten Marion Schmidt wirklich zugute halten, dass sie ihr Mäntelchen nicht gleich nach dem Winde hängt wie SZ-Preuß. Ihre Motive für argumentfreies Kommentieren liegen ja im Dunklen, vielleicht ärgert sie sich nur über das schwarze Schaf der Familie, den mißratenen Namensvetter „Robert“. 😉

    Was Preuß angeht, der hängt sein Mäntelchen in der Eile doch glatt wieder am falschen Haken auf.
    Er setzt mit dem Diskussionsbedarf über Verjährung, den er zu sehen glaubt, doch prompt schon wieder aufs falsche Pferd. Angeblich haben die Richter eine wichtige Fußnote hinzugefügt: Es sei wichtig, wie lange die Fehler zurückliegen, auch wenn es keine Verjährungsregel gebe. Darüber lohne sich, weiter zu diskutieren.

    Zieht man allein die Pressemitteilung des VG Düsseldorf zu Rate (http://www.vg-duesseldorf.nrw.de/presse/pressemitteilungen/1406_1/index.php), liest man dort:
    „Dabei hat die Kammer nachvollzogen, dass wissenschaftliche Arbeiten auf Nachhaltigkeit angelegt seien, das heißt Bausteine in einer wissenschaftlichen Erkenntniskette darstellten, sodass es möglich sein müsse, Arbeiten, die nicht den Anforderungen entsprächen, auch nach langer Zeit noch für ungültig zu erklären.“

    Ich sehe in der Äußerung den Preußschen Diskussionsbedarf auf Anhieb nicht.
    Das einzig valide Argument in der Verjährungsdebatte, mit dem diese auch gleich beendet ist.
    Bemerkenswert, dass gerade dieses Argument so prominent aus dem Urteil hervorsticht.

  14. @Klaus: Ja, nach mehrfach bestätigtem Doktorentzug dann auch gern als Dr. ex. mult. Annette Schavan.

  15. Habt Nachsicht mit dem lieben Edelredakteur Preuß: das korrekte Zitieren der Wahrheit und von Gerichtsurteilen ist nicht so leicht und hat sich in den vergangenen dreißig Jahren ganz bestimmt ganz fürchterlich verändert. Zumindest sollte dem Herrn Preuß Verjährung zugestanden werden.

  16. Erhellend ist auch, nach einer Übersicht über den Tenor aller Leserkommentare, ein Klick auf die „Redaktionsempfehlungen“ zu Marion Schmidts Elaborat.

  17. Marion Schmidt

    Hier ist der alte Artikel archiviert:
    Plagiatsjäger – Lasst Frau Schavan in Ruhe!
    http://pastebin.com/NcXeZqdt

  18. Oh, danke!

    @Plaqueiator: Man könnte annehmen, bei dem einen Beitrag habe Frau Schmidt verstanden, was er sagen will, und bei dem anderen gefunden, so müsste es gemacht werden.
    Jetzt werde ich mich erstmal diesem Artikelklassiker aus dem Oktober 2012 zuwenden.

  19. Ich fasse mal zusammen: Die wesentlichen Argumente des Schavanismus, die zuletzt auch vor dem Verwaltungsgericht und drumherum wiederholt und variiert wurden, waren bereits Mitte Oktober 2012 entwickelt. Es war wohl nicht der Sommer 2013, in dem sich die Schavanisten zu konzeptionellen Workshops trafen, sondern der Sommer 2012. Das wäre mal ein tolles Forschungsthema, so in hundert Jahren.

  20. Ich frage mich ja, worin dieser „Bärendienst“ bestanden haben soll, den dieses Gericht der Wissenschaft geleistet haben soll? Da liegt – nehmen wir die Metapher des ‚Bärendienstes‘ mal beim Wort – die greise Wissenschaft also schlafend im Grase, auf ihrer Wange krabbelt eine lästige Fliege namens Schavan, und der mächtige Bär aus der Justiz, dieser starke Freund der Wissenschaft, wirft mit seinem dicken Stein nach dieser Fliege, um prompt Schavan und Wissenschaft zugleich zu töten? So jedenfalls stünde es in Lafontaines metaphernbegründender Fabel vom ‚Bärendienst‘. Ich kapiere die Bildwahl der Marion Schmidt trotzdem nicht: Die Fliege lebt doch noch …

  21. eichenbach

    In hundert Jahren wird man, frei nach Helmut Schmidt, nicht mehr wissen, wer Margot Honecker war.

  22. Gerald Fix

    „Annette Schavan hat für viele Menschen in der Regierung und auch in der Kirche eine hohe Glaubwürdigkeit, die unabhängig von einem Doktortitel ist“
    Matthias Hambücher, katholischer Dekan Ulm

    „Frau Schavan ist ja nur aufgrund ihrer Prominenz in das Fadenkreuz der Plagiatsjäger geraten.“
    Prof. Karl Joachim Ebeling, Präsident Uni Ulm

    Im Falle Schavans sei das eben auch ein politischer Vorgang – „und da wird es problematisch“
    Prof. Achim Bubenzer, Rektor Uni Ulm

    Überraschend kommt der Düsseldorfer Verwaltungsrichter-Spruch für den Ulmer CDU-Fraktionschef Dr. Thomas Kienle nicht – angesichts der politischen Konstellation in Nordrhein-Westfalen und der Konstellation der Gerichtsbarkeit.

    zitiert nach: Südwestpresse

  23. Die Rheinische Post schafft es auch nach dem eindeutigen Gerichtsurteil, vor allem die Uni schlecht aussehen zu lassen. Die vom Gericht festgestellte gravierende Täuschung durch die Doktorandin AS wird natürlich nicht beim Namen genannt. Nein, der Fall aus dem Jahr 1980 offenbart jetzt Schwächen der Uni bei der Promotionsbetreuung. Gelernt hat die RP also aus der Diskussion immerhin, dass der zeitliche Abstand keine Rolle spielt: Wenn AS heute für ihre Plagiate von damals gradestehen muss, dann hat auch die heutige Uni 1980 versagt. Und wenn die Uni damals ordentlich betreut hätte, dann hätte AS natürlich nie getäuscht. Außerdem ist es doch komisch, dass diese Uni die Arbeit damals sogar mit „magna cum laude“ bewertet hat. Das ist die Bestnote, wie die kompetente Hochschulberichterstatterin der RP weiß. Vermutlich hat Annette Schavan Eva Quadbeck erzählt, dass sie als letzte Amtshandlung der Uni Düsseldorf rückwirkend das Recht der Benotung von Doktorarbeiten mit „summa“ entzogen hat.
    Das RP-Stück nennt sich übrigens „Analyse“.

  24. Mich deucht, der Stellenwert der Rheinischen Postille wird arg überbewertet. Sicherlich möchte sich die RP gerne so als Bewahrer wahrer christlich-katholischer Werte positioniert sehen, weil ihr ansonsten jegliche Perspektive der mittelfristigen Weiterexistenz fehlt. Aber sie ist mindestens für das allgemeine Gesellschaftsleben so relevant wie ein Limburger Kirchenedelbaufürst.

  25. Naja, Annette, das mit der Medienöffentlichkeit funktioniert ja so: Wenn ein irrelevantes Medium (z.B. „Die Harke“) öfter exklusiven Zugang zu privilegierten Informationen hat, dann nehmen die Kollegen Qualitätsjournalisten das Blatt bald als relevant wahr…

  26. Der Tagesspiegel zur Entscheidung Schavan: http://www.tagesspiegel.de/wissen/nach-dem-urteil-gegen-annette-schavan-kniefall-vor-der-uni-duesseldorf-erwartet/9651370.html …man erwartet eine SAUSTALL-Entschuldigung, sozusagen. Aber da kann die Simone vielleicht weiterhelfen…?

  27. Herr Prof. Dr. Dr. mult. Pufogel von der SAUSTALL hat sich hier bereits unzweideutig geäußert. Das Fazit dieses bewährten Haudegens lautet: „Wir kapitulieren nicht!“

    Professor Pufogels aufrüttelnder Brandbrief macht derzeit in Kreisen ehrbarer deutscher Wissenschaftsspitzen die Runde und soll demnächst als Manifest auf einer großen Versammlung zu Berlin verabschiedet werden. Wir bereiten derzeit die Veröffentlichung einer vollständigen Liste der Erstunterzeichner vor.

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